Was du schon immer über Beethoven wissen wolltest ...
Diese Graphic Novel nähert sich dem Leben und Wirken Beethovens von ungewöhnlicher Seite. Denn sie widmet sich den Tagen nach seinem Tod, in denen er aufgebahrt in seiner Wohnung liegt. Die kondolierenden Besucher erzählen in Rückblenden aus dem Leben des Künstlers und entlarven ungewollt eine heuchlerische Gesellschaft und deren rücksichtslosen Umgang mit dem Genie Beethoven.
Interview mit Autor Peer Meter
Beethoven-Autor Peer Meter über den morbiden Starkult im 19. Jahrhundert und die Hintergründe zu seiner außergewöhnlichen Beethoven-Biografie.
Nachdem du drei erfolgreiche Graphic Novels über Serienmörder gemacht hast, fragt man sich, wie es dich in die klassische Musik verschlagen hat.
Vor ein paar Jahren sollte parallel zu einer Fernsehdokureihe über klassische Musiker, die für arte produziert wurde, eine kleine Graphic-Novel-Reihe laufen. Dafür wurde ein Autor gesucht, der am besten auch noch gleich Zeichner mitbringen sollte. Allerdings interessierte es mich nicht die Bohne, langweilige fünfzigseitige Pseudo-Comic-Bios über klassische Musiker zu produzieren. Um mich günstig zu stimmen, schlug man mir vor, dass ich es ja unter einem Pseudonym schreiben könne. Die Sache verlief schließlich im Sande. Es sind nie Comics produziert worden.
Und wie bist du dann doch noch auf Beethoven gekommen?
Ich hatte mich damals einen Nachmittag lang mit dem Thema beschäftigt und bin gleich auf etwas gestoßen, das mir völlig unbekannt war und mich sehr neugierig gemacht hat. Matthias Claudius hat es ja mal recht treffend so formuliert: „Man findet die Sachen nicht, sondern sie finden uns.“
Was war das für eine mysteriöse Information?
Beethovens verschwundener Kopf. Als ich dann bei einer umfangreichen Recherche in der Bremer Unibibliothek auf weitere so wunderbare Details gestoßen bin wie den künstlichen Disput zwischen den Bonnern und den Wienern, in welche Stadt der Leichnam gehöre, oder den traumhaften Streit zwischen den beiden Sängerinnen Caroline Unger und Henriette Sontag, wer Beethoven zum Publikum gedreht habe, war mir klar: Aus solchem Stoff lässt sich eine spannende und zugleich witzig-satirische Graphic Novel formen. Hinzu kamen dann noch die verlogenen Anekdoten um Beethoven und die heuchlerische Wiener Gesellschaft. Die Geschichte mit Beethovens Kopf klingt ja ziemlich unglaublich. Ich habe mir die künstlerische Freiheit erlaubt, sie am Tage der Beerdigung Beethovens spielen zu lassen. Wie und wann der Kopf tatsächlich getauscht wurde, liegt natürlich im Dunkeln. Übrigens brachte die erste Exhumierung im Jahre 1863 zutage, dass man sich auch an Beethovens Skelett kräftig bedient hatte. Bei jener Exhumierung fehlten die linke Kniescheibe, die Hand- und Fußwurzelknochen und sogar einige Rippen. Und der Kopf machte den Eindruck eines, wie es hieß, „Mulattenschädels“, dem auch noch die Scheitelknochen fehlten und sechs Zähne. Bei einer zweiten Exhumierung im Jahre 1888 wurde der Schädel erstaunlicherweise als vollständig beschrieben. Eine recht seltsame Rückverwandlung. Es scheint so, als sei später der falsche Schädel, irrtümlich für echt gehalten, auch ausgetauscht worden.
Eine recht abenteuerliche Leichenfledderei.
Ich war wie gesagt selbst überrascht, als ich zum ersten Mal davon las, bin dann aber rasch auf Sachen gestoßen, die noch abenteuerlicher klingen. Es muss zu der Zeit nämlich sehr häufig vorgekommen sein, dass bei der Exhumierung berühmter Persönlichkeiten der Schädel fehlte. Joseph Haydn ist ein sehr gutes Beispiel dafür, was ja in unserer Graphic Novel Erwähnung findet. Aber auch mit Schillers Schädel wurde recht makaber umgegangen. Bei Mozart soll auch ein falscher Schädel im Mozarteum in Salzburg ruhen. Die Liste ließe sich mühelos weiterführen. Schädelraub muss übrigens auch in Frankreich recht populär gewesen sein. So fehlte zum Beispiel bei René Descartes der Schädel bei der Überführung in das Pantheon. Dass übrigens Schädelfragmente von Beethoven um die Welt wanderten, belegt ein Fund aus Kalifornien. In der San José State University, San Francisco, tauchten Schädelknochen auf, deren DNA-Vergleiche mit einer Haarsträhne Beethovens belegten, dass sie tatsächlich von Beethoven stammen.
Das ganze Interview findest Du im Anhang von Beethoven - Unsterbliches Genie
Peer Meter
Der Bremer Autor Peer Meter ist einer der wenigen Comic-Szenaristen im deutschsprachigen Raum und hat mit Künstler*innen wie Barbara Yelin (Gift), Isabel Kreitz (Haarmann) und David von Bassewitz (Vasmers Bruder) zusammengearbeitet. Zum 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven 2020 beschäftigt er sich mit der Biografie des legendären Komponisten. Dabei ist nicht Beethoven der eigentliche Akteur, sondern sein Ruhm und die Legende, die sich schon zu Lebzeiten um den Maestro rankten.
Rem Broo
Rem Broo ist ein rumänischer Autodidakt, der in Berlin lebt. 2008 gab er seine Arbeit als Architekt auf, um sich auf seine große Leidenschaft, das Zeichnen, zu konzentrieren. Seitdem hat er Zeitschriften und Kinderbücher illustriert, in Animationsstudios gearbeitet und Storyboards für Filmfirmen gezeichnet. Seine ersten Comic-Arbeiten waren Terminal Protocol und mehrere Kurzgeschichten für Anthologien. Seinen ersten internationalen Erfolg feierte er mit dem Comic The End Times of Bram and Ben, der von Image Comics veröffentlicht wurde und für den er eine Nominierung von Russ Manning für seinen einzigartigen Grafikstil erhielt.