Der Genderless-Style: Mädchen? Junge? Egal!

Hauptsache, es macht Spaß und man fühlt sich wohl: In Japan ist der modische Genderless-Style seit einigen Jahren schwer angesagt. Wir erklären, was dahinter steckt und wer die Stars der Szene sind.

Genderless Kei Mode
MY GENDERLESS BOYFRIEND

Japans Genderless Boys und Girls: Der Trend hinter der Geschichte

Woher kommt der Genderless-Stil?

Viele Modemagazine sehen den Beginn des Hypes um den Genderless-Kei (Kei ist das japanische Wort für Stil) beim beliebten Fashion-Event Tokio Girls Collection im Jahr 2015. Damals schickten die Designer männliche Models in "Mädchen-Mode" über den Laufsteg. Die Show löste eine Begeisterung für das "geschlechtslose" Styling aus, die bis heute nicht abgeebbt ist und auch über Japan hinaus viele Anhänger*innen gefunden hat.

Tatsächlich hat das Spiel mit den Geschlechterrollen eine weitaus längere Tradition in Japan. Immer wieder gab es Strömungen, in denen sich die Menschen gegen vorgegebene Klischees wehrten. Zum Beispiel die sogenannten "Mogas" (kurz für "Modern Girls"), die nach dem ersten Weltkrieg die Kimonos in den Schränken ließen und stattdessen den angesagten Garçonne-Look des Westens bevorzugten.

 

Wer trägt den Genderless-Stil?

Der Name das Fashion-Trends sagt es schon aus: Der Genderless-Kei macht keine Unterschiede beim Geschlecht. Jungs und Männer können Accessoires und Mode tragen, die als eher weiblich gelten, während Mädchen und Frauen sich Anzüge und Krawatten anziehen – alles ist möglich. Das macht den Stil ja gerade so spannend für viele. Er bedeutet maximale modische Freiheit. 

Hier seht ihr einige Outfits, die Mangaka tamekou dem Protagonisten Meguru aus MY GENDERLESS BOYFRIEND verliehen hat. Schick, oder?

Wie sieht der Genderless-Stil aus?

"Du bist das Süßeste, was ich je gesehen habe!", sagt Wako im Manga MY GENDERLESS BOYFRIEND zu Meguru, als sie ihn zum ersten Mal trifft. Und tatsächlich ist "süß aussehen" ein Ideal für viele Genderless Boys. Sie lieben Mode in pastelligen Bonbon-Farben, rosa-Lippenstift, Glitzer und bunt gefärbte Haare. Genderless Girls wiederum tragen oft kurze Haare, kaum Make-up und weite Anzüge, die ihre Kurven verbergen. Wichtig ist: Der Stil ist kreativ und will überraschen, es gibt keine festen Regeln, sondern viele Variationen. Idealerweise wird das Beste aus beiden Welten getragen, so dass ein androgyner Look entsteht, den man keinem Geschlecht mehr eindeutig zuordnen kann.

 

Steht der Genderless-Trend in Zusammenhang mit der Transgender- oder LGBTQ-Bewegung?

Jein. Generell geht es bei Genderles-Kei um Mode und um das Spiel mit den typischen äußerlichen Merkmalen des Geschlechts. Die Sexualität hingegen spielt kaum eine Rolle. Genderless Boys oder Girls sind weder grundsätzlich homosexuell oder transgender. Einige männliche Stars der Szene sind mit Frauen verheiratet, mit denen sie auch gemeinsam auftreten. Eine politische Botschaft haben die Models und Influencer*innen in der Regel also nicht – es geht vor allem um den Spaß an allem, was schön und kawaii ist.

Trotzdem prägt der Trend natürlich die Art und Weise, wie wir Geschlechterrollen wahrnehmen. Die vielen Bilder von femininen Männern und maskulinen Frauen können somit dabei helfen, dass Menschen, die nicht dem Stereotyp entsprechen, weniger diskriminiert werden.

 

Wie akzeptiert sind die Genderless Boys und Girls?

In der Mode- und Influencer-Szene wird der Stil gefeiert, und es ist natürlich schon lange kein Aufreger mehr, wenn ein Typ Lidschatten trägt oder eine rosa Bluse. In konservativeren Kreisen sieht das schon anders aus. Kleider und Make-up gelten hier immer noch als weiblich. Wenn ein Mann sie trägt, muss er mit skeptischen Blicken auf der Straße rechnen oder wird schon mal als Frau angesprochen. Situationen dieser Art werden auch in MY GENDERLESS BOYFRIEND thematisiert: Wenn Kira auf hohen Hacken durch die Straßen stolziert, drehen sich alle Menschen nach ihm um. Und Meguru wird immer wieder für Wakos Freundin gehalten – ein gleichgeschlechtliches Paar ist schon akzeptierter als ein Genderless Boy an der Seite einer Frau.

Influencer Ryuchell
Influencer und Models

Die Stars der Genderless-Szene

Wie bei jedem Modetrend gibt es auch beim Genderless-Kei Idole, die den Stil perfektioniert haben und besonders verehrt werden. Zu den Stars der japanischen Genderless-Szene gehört zum Beispiel Ryuchell, dem auf Instagram 1 Million Menschen folgen. Auf seinem Youtube-Kanal zeigt er Schminktutorials und selbst geschriebene Songs. Auch seine Frau tritt immer wieder in den Videos auf, wie ihr in dem Beispiel sehen könnt. Seiner Popularität tat das bislang offenbar keinen Abbruch. Wako und Meguru sorgen sich also womöglich ganz umsonst ...

Weitere Genderless-Stars sind der Schauspieler Toman, Model Kondoyohdi oder Satsuki Nakayama, ein Model, das sich keinem Geschlecht eindeutig zuordnen möchte. 

Ich betrachte mich nicht als Genderless Boy, auch wenn mich die Menschen um mich herum so bezeichnen. Wir tragen einfach nur die Mode, die uns gefällt, es entsteht ganz von selbst.

Schauspieler Toman im Interview mit ModelPress (Mdpr.jp)