Die berühmteste Ohrfeige der deutschen Geschichte

BEATE UND SERGE KLARSFELD - Die Graphic Novel über die Ohrfeige für Bundeskanzler Kiesinger und dem Streben nach Gerechtigkeit auf der mutigen Jagd nach NS-Kriegsverbrechern. 

Graphic-Novel
Beate und Serge Klarsfeld Graphic Novel
Die Graphic Novel

Es ist der 7. November 1968. Beate Klarsfeld ohrfeigt in aller Öffentlichkeit den deutschen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und bezeichnet ihn als „Nazi“. Diese Ohrfeige ist der Beginn ihres jahrzehntelangen Engagements im Kampf gegen alte und neue Nazis. Zusammen mit ihrem Mann Serge Klarsfeld hat sie sich der Jagd nach Kriegsverbrechern verschrieben, die sie über Kontinente hinweg aufspüren und vor Gericht bringen. Aber für die beiden geht es um mehr: Sie geben den Opfern der Shoah ein Gesicht und haben den ewigen Kampf gegen das Vergessen aufgenommen.

Diese Graphic Novel erzählt nicht nur die Geschichte der Ohrfeige, sondern auch die von Beate und Serge Klarsfeld und ihrem Streben nach Gerechtigkeit. Beate Klarsfeld ist eine mutige Frau, die vor Gefahren für sich selbst nicht zurückschreckte und die unbeirrt ihren Weg fortgesetzt hat. Gegen staatliche und persönliche Widerstände ankämpfend, hat sie nie akzeptiert, dass manche NS-Kriegsverbrecher einfach so davonkommen sollten.

Zitate

Spannend wie einen Spionagekrimi.

DONAUKURIER

Die Graphic Novel ist eine wunderbare Würdigung für zwei großartig engagierte Leben.

NDR, Danny Marques Marcalo

Spannend und dramaturgisch aufgebaut wie ein Krimi [...].

BR24, Sabine Wachs

Der Comic über ihr Leben – mehr als eine menschlich anrührende Dokumentation einer beeindruckenden Lebensleistung.

3sat Kulturzeit, Nicolette Feiler-Thull
Das Buch
Beate Klarsfeld über die Ohrfeige
Sylvain Dorange Pascal Besson Beate Klarsfeld Serge Klarsfeld

Beate Klarsfeld über die berühmte Ohrfeige und ihre Folgen

Mit der Ohrfeige wollte ich die deutsche Gesellschaft von den alten Nazis befreien, die noch in der Politik aktiv waren. Es war die Ohrfeige der Tochter an ihren Vater. Erst später haben mein Mann und ich erfahren, dass die Naziverbrecher, die in Frankreich ihr Unwesen getrieben hatten, nicht in Deutschland verurteilt und auch nicht nach Frankreich ausgeliefert werden konnten. Deshalb haben wir uns ab 1971 für ein Abkommen eingesetzt, das die BRD dazu verpflichtet, die Verbrecher vor Gericht zu bringen. 1975 wurde das Gesetz, das später „Lex Klarsfeld“ genannt wurde, verabschiedet. 

Pascal Besson über seine Arbeit

Autor Pascal Besson über seine Arbeit

Pascal, wie ist die Idee zu einer Biografie von Beate und Serge Klarsfeld entstanden?

Ich interessiere mich leidenschaftlich für Geschichte, vor allem für den Holocaust. Seit ich 15 war, verfolge ich die Spuren der Klarsfelds. In den 70ern wurde viel über sie berichtet. Für mich waren sie moderne Helden. Nach dem Krieg gab es keine Aufarbeitung, die meisten Jugendlichen, die ich bei meinen vielen Konferenzen treffe, kennen Simone Veil kaum, die Klarsfelds erst recht nicht.

Eines Tages habe ich Serge angeschrieben. Er kannte mein Buch über Simone Veil und „Elle s’appelait Sarah“ über den Vel d’Hiv. Zwei Wochen später wurde ich von Serge und Beate in ihre Wohnung eingeladen. Am Anfang waren sie misstrauisch. Aber dann haben wir uns sechs Monate lang jede Woche getroffen, um an ihrer Biographie zu arbeiten. Ich durfte Serges Archiv sichten, sie haben mir ihre Geschichten erzählt und mir sogar unveröffentlichte Fotos aus Konzentrationslagern gezeigt. Ich habe alles notiert und aufgenommen. Dann habe ich ihre Geschichte und ihre zahlreichen Aktionen wie einen Thriller aufgeschrieben.

Und was fasziniert dich so an der Geschichte des Ehepaars Klarsfeld?

Was mir am meisten gefallen hat, war ihre Beziehung: eine Deutsche und ein Jude, das ist nicht alltäglich! Sie haben sich zusammengetan, um die Mörder der jüdischen Opfer zu finden. Sie wollten Wahrheit und Gerechtigkeit. Ich habe drei Jahre für dieses Album gebraucht, die Geschichte brauchte ja eine Dramaturgie, das Skript sollte kraftvoll und auf keinen Fall langweilig werden. Ich durfte den Faden nicht verlieren. Meine Skripte sollen wie Drehbücher sein, so war es auch bei Simone Veil. Das ist Kino auf Papier. Da findet man alle Zutaten für einen guten Thriller, der die Wahrheit zeigt.

Die wahre Geschichte hinter der Graphic Novel

Die wahre Geschichte hinter der Graphic Novel

Hintergrund

In dem geschichtsträchtigen Jahr 1968 wurde die Bundesregierung von einer Großen Koalition zwischen CDU und SPD regiert. Bundeskanzler war seit 1966 Kurt Georg Kiesiger (CDU), der dritte Bundeskanzler der jungen Republik. Kiesinger war als ehemaliges hochrangiges NSDAP-Mitglied der erste Staatsführer mit Nazi-Vergangenheit. Bis 1968 wurde in den deutschen Medien Kiesingers frühere NSDAP-Mitgliedschaft selten thematisiert, das änderte sich am 7. November 1968, als eine junge Frau Kiesinger während eines CDU-Parteitags vor laufenden Kameras und den Augen der Welt ohrfeigte und als Nazi titulierte: Beate Klarsfeld.

Wer ist Beate Klarsfeld?

Beate Klarsfeld wurde am 17.2. 1939 in Berlin geboren. 1960 ging sie mit 21 Jahren als Au-Pair nach Paris, wo sie den angehenden Historiker und späteren Rechtsanwalt Serge Klarsfeld kennenlernte und 1963 heiratete. 1943 wurde Klarsfelds Vater bei einer SS-Razzia in Paris verhaftet und später in Auschwitz ermordet. Dieses Trauma bildete den Motor für Serge Klarsfelds gesellschaftliches Wirken. Als Serge und Beate sich kennenlernten, wusste die junge Frau noch wenig über die barbarische Zeit zwischen 1933 und 1945. Im Deutschland der 1950er wurde über die Nazi-Jahre ein Mantel des Schweigens gehüllt. Der jüdische Geschichtsstudent wurde zum politischen Mentor der jungen Deutschen. Zusammen fingen sie an, sich politisch zu engagieren.

Wie kam es zu der Ohrfeige an Kurt Georg Kiesinger?

Beate Klarsfeld, die sich in den 1960ern als Journalistin etablierte, schrieb gegen die Kanzlerschaft Kurt Georg Kiesingers an. Aber schon bald wurde dem Ehepaar bewusst, dass man gegen die politische Apathie und die aktive Verdrängung der Nazi-Zeit aus dem öffentlichen Bewusstsein durch die Politik nur mit lauter Stimme ankommt: „Leider ist es so, dass man mit verbalen Aktionen nichts mehr erreichen kann. Um einen Skandal aufzudecken, muss man auch mit einem Skandal antworten“, sagte Beate Klarsfeld. Die Kiesinger-Ohrfeige, die Beate Klarsfeld eine - nie vollstreckte - Verurteilung zu einem Jahr Haftstrafe im Eilverfahren einbrachte, war der Auftakt ihrer politischen Kampagnen gegen ehemalige Nazi-Kader. In den Jahren, die folgten, bauen die Klarsfelds ein Netzwerk von Helfer*innen, Rechercheur*innen und Sympathisant*innen auf, die sie dabei unterstützten, ehemalige Nazi-Täter in Frankreich, Deutschland und Südamerika ausfindig zu machen und nach Deutschland ausliefern zu lassen.

Ihr Engagement brachte sie auch immer wieder in Lebensgefahr. Sie erhielten unzählige Morddrohungen, Briefbomben und 1972 entgingen sie einem Anschlag, als eine Bombe ihr Auto zerfetzte.

Für ihr Lebenswerk erhielten sie im Mai 2015 das Bundesverdienstkreuz. Im Oktober 2015 wurden sie zu UNESCO-Sonderbotschaftern für Bildung über den Holocaust und die Verhinderung von Völkermorden ernannt. 2012 wurde Beate Klarsfeld als Kandidatin der Linken für das Bundespräsidentenamt aufgestellt. 2016 verlieh Israel Beate Klarsfeld in Würdigung ihrer Verdienste die israelische Staatsbürgerschaft.

Gerade in der heutigen Zeit, in der eine Verschiebung des Diskurses nach rechts stattfindet, ist es immens wichtig, Menschen wie Beate Klarsfeld als Vorbild zu haben. Nicht jede*r muss sich dazu selbst in Gefahr begeben, aber wir alle müssen wachsam sein und aufstehen, wenn die nationalsozialistischen Verbrechen verharmlost werden!

Redaktion Carlsen Comics